Bitte Abstand halten!
Stellen Sie sich vor, sie fahren Fahrrad und plötzlich rauscht ein Auto, Bus oder LKW an Ihnen vorbei, so eng, dass sie den Windhauch spüren, ja das Fahrzeug fast berühren können. Sie erschrecken sich, fühlen sich bedrängt.
Angst und Unsicherheit macht sich breit.
Leider ein tägliches Bild auf deutschen Straßen – egal ob in der Großstadt oder auf dem Land.
Obwohl es seit der Novellierung der Straßenverkehrsordnung im April 2020 eindeutig geregelt ist, werden Radfahrende immer noch zu eng überholt.
Was immer noch viele Verkehrsteilnehmende nicht wissen: Wer eine Radfahrerin oder einen Radfahrer überholt, muss zum Schutz der schwächeren Verkehrsteilnehmenden mindestens 1,5 Meter Seitenabstand halten – oder, wenn dies nicht möglich ist, eben dahinter bleiben und warten, bis die Gegenspur frei ist.
Außerhalb geschlossener Ortschaften und beim Überholen von radelnden Kindern müssen sogar 2 Meter Abstand gehalten werden. Für LKW und Busse gilt die 2-Meter-Regel übrigens auch innerorts.
Farrad-Demo 'Mehr Platz für's Rad' in den Stadtteilen Treysa und Ziegenhain
Gemäß Bußgeldkatalog sind bei Verstößen mindestens 30 EURO fällig, je nach Sachlage aber auch deutlich höhere Beträge und zusätzlich ein Punkt in Flensburg.
Und was ganz häufig missverstanden wird: Diese Regelung gilt natürlich auch dann, wenn Radlerinnen und Radler auf einem abmarkierten Schutzstreifen fahren.
Susanne Molis-Klippert, Sprecherin des ADFC Schwalmstadt, beobachtet immer wieder, dass Radfahrende aus Angst möglichst nah am rechten Fahrbahnrand fahren oder sogar auf Gehwege ausweichen und sich selbst und andere gefährden.
Gehwegradeln ist übrigens verboten, es sei denn der Fußweg ist mit einem Zusatzschild „Radverkehr frei“. Wer erwischt wird, zahlt mindestens 55 EURO
Die wenig selbstbewusste Fahrweise am Fahrbahnrand lädt Autofahrende gerade dazu ein, sich auch dort noch „durchzuzwängen“, wo definitiv kein Platz mehr zum Überholen ist. Sehr oft wurden hier bereits Bedrängungen in Schwalmstädter Kreisverkehrsplätzen- kurz „Kreiseln“ gemeldet, leider gab es auch schon Unfälle und zahlreiche Beinahe-Unfälle.
Susanne Molis-Klippert rät den Radelnden, unbedingt einen ausreichenden Sicherheitsabstand zum Fahrbahnrand einzuhalten, insbesondere auch dann, wenn Fahrzeuge am Seitenrand parken, Stichwort „Dooring-Unfälle“: Unfall, bei denen Radfahrende gegen eine sich plötzlich öffnenden Fahrertür prallen und sich schwerst bis tödlich verletzen können.
Die ADFC-Sprecherin wünscht sich, dass alle Teilnehmenden am Straßenverkehr mehr Rücksicht aufeinander nehmen. Auch wenn es aus Unkenntnis der Rechtslage heraus ist, entschuldigt das nicht das Fehlverhalten und das Bedrängen der ungeschützten Verkehrsteilnehmer und Verkehrsteilnehmerinnen durch die vermeintlich Stärkeren.
Letztlich führt solches Verhalten dazu, dass viele Menschen auf das Fahrrad als alltägliches Verkehrsmittel verzichten.
Nur da, wo Radfahren als sicher und hindernisfrei wahrgenommen wird, wird auch Fahrrad gefahren.
Ein Bericht von Susanne Molis-Klippert, Schwalmstadt